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Pfarrer Albert Bitzius wird zum Schriftsteller
Jeremias Gotthelf

Der christliche Glaube ist die bestimmende Triebfeder im Leben von Albert Bitzius. Seine schriftstellerischen Werke, seine politische Publizistik, sein Engagement für die Armen und sein Kampf gegen gesellschaftliche Missstände lassen sich in erster Linie auf seine theologischen Überzeugungen zurückführen.
 
Der tief in ihm verankerte christliche Glaube ist ihm der Kompass, nach dem er seine Lebensführung und sein soziales und politisches Handeln ausrichtet. Dabei speisen sich seine Glaubensüberzeugungen nicht aus der abstrakten Auseinandersetzung mit theoretischen Werken aus dem kirchlichen Dogma, sondern vielmehr aus dem Leben selbst, aus seinen Begegnungen mit Mensch und Natur und seinen im Laufe der Jahre gewonnenen Erfahrungen.

Kirche vom Pfarrhaus aus

Blinde Orthodoxie, Frömmelei und Sektiererei sind ihm von seiner Jugendzeit bis zum Tode höchst zuwider. Als junger Theologiestudent äussert er sich in einem Brief an seinen Freund Rudolf Fetscherin vom 13. September 1819 empört über die Anhänger der Erweckungsbewegung. Viele seiner Kommilitonen würden Gesinnungschnüffelei betreiben und liberal gesinnte Studenten als Ketzer brandmarken. Er schreibt: «Wenn du wiederkommst, so wird dich der Kontrast deiner und der jetzigen Zeit wundern; ehmals waret ihr liederliche Aser, auf der Schule wurde mehr gesoffen, gespielt , als gebetet, dabei aber arbeitetet ihr etwas tüchtiges weg; nun hängt ein grosser Teil der Theologie die Köpfe, glaubt an die Bibel vom ersten Jota bis zum letzten Punkt, halten alle Tage Betstunde auf der Schule, tun dabei wenig oder gar nichts. Kurz sie sind die elendesten Kerls von der Welt, und diese Seuche greift je länger je mehr um sich.»

Im christlichen Glauben verankert – aber ohne Frömmelei
Als stellvertretender Elementarlehrer am Progymnasium in Bern fällt der junge Bitzius in einem weiteren Brief an Fetscherin ein positives Urteil über seine Schüler: «Du solltest hören, welche Fragen sie in der Kinderbibel tun! Wenn sie so fortfahren, so gibts einen tüchtigen Damm gegen die Frommheit.» Noch 1853, ein Jahr vor seinem Tod, konstatiert Bitzius gegenüber Karl Rudolf Hagenbach, Professor der Theologie und Kirchengeschichte in Basel: «Das sog. fromme Element wird mächtiger, das zeigt sich in der Unduldsamkeit Einzelner, in der Entstehung von Gebetvereinen unter den Geistlichen, wo nur knieend gebetet werden darf und man dann mit dem Heiland spricht als hätte man mit ihm schmolliert. Das ist vom Unguten.»

Als sich Bitzius im Februar 1832 beim Erziehungsdepartement um die Pfarrstelle in Lützelflüh bewirbt, schreibt er seinem Freund Joseph Burkhalter: «Ein dunkler Instinkt mahnt die Leute von mir ab, sie wollen einen guten Pfarrer, d. h. einen, der auf der Kanzel wie ein Engel schreit, daneben aber stumm bleibt wie ein Fisch.»

Ein solcher Pfarrer wird Bitzius jedoch nie. Statt ein «stummer Hund» zu sein, bevorzugt er Zeit seines Lebens, Missstände laut anzuprangern. Sein Amtsverständnis kommt in der Bettagspredigt vom 11. September 1823 zum Ausdruck, die er als junger Vikar in Utzenstorf hält: «Vom Herrn zum Wächter dieser Gemeinde bestellt, soll ich euch verkünden, wo der Feind euch droht, wo Gefahr ist unter euch, woher die Hülfe kömmt. Ich soll euch ansagen, wie es mit euch stehe, euch die Befehle des Herren offenbar machen, euch zur Wachsamkeit ermahnen und zur Beharrlichkeit.» Mit seinen deutlichen Worten macht sich Pfarrer Bitzius, wie man sich vorstellen kann, bei den Lützelflühern nicht immer beliebt.

Autor: Markus Hofer; Quellen/Literatur: Guggisberg, Kurt: Jeremias Gotthelf als Theologe. In: Laedrach, Walter (Hg.): Führer zu Gotthelf und Gotthelfstätten. Bern: 1954.

Gotthelf Stich